Dienstag, 19. April 2011

16 Jahre alt - Meine Entscheidung

Okaasan sah sich eine Schule für beeinträchtigte Kinder an.
Nachdem sie zurückkam erzählte sie mir über das Umfeld dieser Schule. Ich weiß nicht warum, aber ich musste wieder anfangen zu weinen.

Akos Prüfungen werden bald anfangen. Im Moment lernt sie sehr viel dafür, aber auf der anderen Seite wirkt der Raum völlig abwesend.
Meine Gedanken sind in einem Chaos verworren, alles woran ich denken konnte war diese neue Schule.
Ich weiß, für mich ist es unmöglich an der Higashi High meinen Abschluss zu machen.
Aber diese neue Schule wirkte für mich wie eine unerforschte Welt.

Hoffnungen:
1.    Ich kann eine bessere Zukunft erreichen.
2.    Ich kann in meinem eigenen Tempo weiterleben.
3.    Es ist eine gut ausgestattete Schule mit friedlicher Umgebung.
4.    Ich kann Freunde finden, denen es wie mir geht.

Ängste:
1.    Ich könnte den Kontakt zur Außenwelt verlieren.
2.    Werde ich mich in einem Internat zu Recht finden?
3.    Ich werde von meinen Freunden getrennt.
4.    Was werden die Menschen darüber denken, wenn ich an solch eine spezielle Schule gehe.
5.    Jungs.
6.    Meine Familienbeziehung wird sich verändern.

Wird sich meine kleine Schwester noch an mich erinnern, wenn ich die Schule wechsle und im Internat lebe? Und wird sich mein jüngerer Bruder noch an unsere gemeinsamen Tage erinnern, selbst wenn es nur ab und zu war? (Es klingt wie eine Ankündigung zum Selbstmord.)

S-chan lebt im Internet seit der ersten Klasse, da sie ziemlich weit weg wohnt.
Der Grund mag vielleicht ein anderer sein, aber das einsame Gefühl ist dasselbe.

Eine große Stubenfliege flog durch das Fenster herein. Ich weiß dass ich sie eigentlich töten sollte, da sie sich sonst im Sommer stark vermehren wird. Aber ich konnte es nicht, da ich das Gefühl hatte sonst nicht nur dieses Leben, sondern auch das ihrer Babys auszulöschen.
Während ich aus dem Fenster sah konnte ich bereits das Schulgebäude erblicken. Ich fühlte Emotionen in mir hochsteigen. „Ah, das ist die Higashi High School.“ Während ich hochsah konnte ich den Mond hoch am Himmel sehen.

Okaasan meinte, „Aya, du hast es dir nicht ausgesucht krank zu werden. Selbst wenn du so eingeschränkt bist gibt es immer noch viele Dinge die du behalten kannst. Solange du denken kannst wirst du dich immer an die herzliche Wärme und die Fürsorge deiner Freunde erinnern.“

Als ich mit S-chan am nahegelegenen Fluss saß und redete, konnte ich dem Vogelgesang zuhören.
„Ich denke du hast dich verändert, Aya. Du bist so sensibel während du das Blau des Himmels betrachtest. Ich denke du nimmst deine Umgebung viel besser wahr als früher.“
„Gibt es jemanden, der dir ein entspanntes Gefühl gibt?“
 „Ähm.. Vielleicht meine kleinen Geschwister. In ihrer Nähe fühle ich mich entschlossen. Aber ich ziehe es trotzdem vor alleine zu sein um zu entspannen.“
S-chan mag es alleine zu sein, aber Aya wird unfreiwillig von ihrer Familie fortgerissen.

Die Schülerin mit dem seltsamen Zahn
Es gibt da dieses Mädchen mit den geflochtenen Zöpfen, welches Mäuse über alles liebt. Sie ging mit mir in die Bücherei und ich schaffte es bis dahin ohne Hilfe, etwas was mich überraschte auch wenn sie auf mich warten musste und wir nur langsam gingen.

Zuhause besitzt sie 40 Mäuse, also erzählte sie mir wie sie ihre erste Maus bekam.
„Sie hieß Nana. Es war ein Weibchen, aber sie starb an Brustkrebs. Die Symptome sind wie die eines Menschen. Ich hasse es Tiere sterben zu sehen.“

Ich weiß nichts über sie, auch wenn ich meine Freunde oder Lehrer über sie fragen könnte. Also versuchte ich sie durch unsere Konversation hindurch zu verstehen. Ich wollte es alleine herausfinden, ohne ihr Fragen zu stellen.
Sie hieß Sat-chan und ihre Familie bestand aus ihren Eltern, ihrer kleinen Schwester und den vielen Mäusen.
In ihrem Garten hat sie einen kleinen Mäusefriedhoch auf dem sie Vergiss-mein-nicht pflanzt, weil sie den Ohren der Mäuse so ähnlich sehen.

„Wenn jemand stirbt, dann versuchte ich daran zu denken dass mein Leben dafür weiter geht.“, sagte Sat-chan schließlich. Aya, du hast Probleme mit deinen Beinen, also versuche ich für dich standhaft zu bleiben.“

“Ich glaube an übernatürliche Kräfte”, fuhr sie fort, “ Wir Menschen sind wie übernatürliche Wesen. Was für uns ein extrem gutes Auge ist, ist für andere eine Sehbehinderung.“
Sat-chan ist sehr direkt und das mag ich sehr an ihr. Aber weder Sat-chan noch ich werden nächstes Jahr noch an dieser Schule sein.

Während des Englischkurses fing K-chan plötzlich an zu weinen und sagte, „Wie nervig!“ (Sie bezog es wohl auf ihre schlechten Noten.)
„Hör auf zu weinen. Was bringt dir das? Du hättest von Anfang an härter arbeiten müssen”, sagte der Lehrer.

Egal wie schlechte meine Noten sein sollten, ich finde es unheimlich so ausgeschimpft zu werden… Ich kann mir nicht helfen, es lässt mich wieder in Depressionen fallen.

Ich redete mit S-chan über die Erfahrung, die ich gemacht hatte als ich meinen Körper versuchte aufzuwärmen.
Im Fußball oder Basketball ist es wichtig immer in Bewegung zu bleiben, selbst wenn man nicht in Ballbesitz ist. Es beschämte mich über Dinge zu sprechen, die ich nicht mehr tun kann.
Ich glaube an Gott und auch dass alles was ich erlebe eine Art Test von ihm ist. Dadurch fühle ich mich viel besser. Ich muss diese positiven Gefühle bewahren und darf sie niemals vergessen.

Bald wird das neue Jahr beginnen. Dieses Jahr möchte ich allen danken die mir geholfen haben. Für mich wird das nächste Jahr eine mentale Revolution, denn mein momentanes Ich kann meine Behinderung nicht akzeptieren.
Ich habe wirklich Angst.. Aber ich muss nach vorne blicken, stimmt’s? Ist es Zeit für mich an die Schule für Körperbehinderte zu gehen?
Es bereitet mir Sorgen darüber nachzudenken. Durch meine Einschränkungen ist es sicher ein besserer Ort für mich. Aber ich möchte an der Higashi High bleiben. Ich will zusammen mit meinen Freunden lernen, mir mehr Wissen aneignen und eine großartige Person werden. Ich wage es nicht mir eine Welt ohne gesunde Klassenkameraden vorzustellen.

Okaasan nahm sich etwas Zeit um mit mir über die Schule zu reden. Dort kann Aya all die Dinge tun, die sie gerne tun will. Sie kann nicht nur Hilfe bekommen, sondern auch anderen eine große Hilfe sein.
Ich bin nun an einem kritischen Punkt, denn bald muss ich mich entscheiden.

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