Montag, 14. März 2011

16 Jahre alt - Mein Leben im Krankenhaus

Mein neues Leben, zum ersten Mal weg von Zuhause, beginnt. Ich teile mein Zimmer mit einer Dame, die etwa 50 Jahre alt sein dürfte. „Freut mich Sie kennen zu lernen“, sagte Okaasan, also verbeugte ich mich ebenfalls vor ihr. Sie wirkt sehr still und hat einen einsamen Blick. Ich wurde nervös da ich nicht wusste was mich im Leben erwarten würde.
Am Nachmittag begleitete ich die Dame auf einen Spaziergang und wir setzten uns auf eine Bank unter dem Kirschbaum. Das Sonnenlicht sah so aus als tanze es zwischen Blättern.
Da ich kurzsichtig bin, konnte ich es nicht so gut sehen, aber ich bemerkte die „Schönheit“ zwischen diesen grünen Blättern und dem weißen Licht. Doch auch ein Sinn von Seltsamkeit war in der Art wie der Wind die Blätter bewegte vorhanden.
Ich habe mich an das Leben im Krankenhaus gewöhnt, aber hier heißt es ab 21 Uhr Licht aus und Abendessen gibt es um 16 Uhr 30, das ist etwas zu früh finde ich.
Das Tempo meines Lebens hat sich verändert und die Tage scheinen nur so dahin zu gehen.

Ich muss viele Tests machen wie zum Beispiel Elektromyogramme (owww das schmerzt!), Elektrokardiogramme, Röntgen, und Hörtests. Ich werde von einem Ort dieses großen Krankenhauses zum Nächsten gebracht um nicht verloren zu gehen. Aber ich ertrage diese dunklen Gänge nicht, sie verschlechtern meine Stimmung nur noch mehr.
Yamamoto Hiroko-Sensei (nun Professor an der Fujita Hokeneisei Daigaku in Shinkeinaika) sagte mir dass sie bald anfangen würden effektive Injektionen zu verwenden. Um zu sehen ob es mir vor oder nach diesen Injektionen besser geht filmen sie meinen Gang, das Steigen der Treppen, Zuknöpfen meiner Kleidung und weiteres mit einer 16mm Kamera.
Ich frage mich was ich wohl in der Zukunft sein werde oder eher ob ich etwas sein kann?

Bedingungen, die ich erfüllen muss:
1.      Etwas, wozu ich meinen Körper nicht brauche.
2.      Etwas, wozu ich meinen Verstand gebrauche.
3.      Etwas, dass ein gutes Einkommen bringt.
Das ist schwierig. Ich frage mich ob es überhaupt so eine Arbeit gibt.

Ein paar der jungen Ärzte spielen mit mir herum.
„Stell dich auf deine Zehenspitzen! Schließe deine Augen! Kannst du das?”
Und etwas über mein Becken..
Nach alldem fragten sie mich „Hattest du Spaß?“ Nein danke, es reicht! Ich wollte sie anschreien, ich sei doch kein Versuchskaninchen, hört auf!

Sonntag, der langerwartete Tag ist endlich da. Meine Mutter und meine beiden Schwestern kamen. Wir gingen alle hoch aufs Dach um die Wäsche aufzuhängen. Der blaue Himmel war wirklich schön. Ebenso die weißen Wolken. Der Wind war etwas warm, aber es fühlte sich gut an. Es fühlte sich an als würde ich nach all der Zeit wieder menschlich werden.

Sie nahmen mit eine Probe meiner Rückenmarksflüssigkeit ab. Mein Kopf schmerzt. Es tut so schrecklich weh. Ist es wegen der Injektion?

Mi-chan’s Familie (die Familie von Okaasan’s kleinem Bruder) kam mich besuchen. Ojisan’s Augen waren rot. Ich wollte es ihm sagen, aber ich konnte nicht und so sah ich ihn nur an.. dann sagte mein er „Sehe ich seltsam aus? Ich habe vom Arbeiten einen Sonnenbrand bekommen und blieb bis spät nachts auf.“
Er sah so sonnenverbrannt aus dass er mir leid tat. Seine Augen sahen wie die eines Hasen aus. Es sah so aus als würde er weinen.
„Aya, gib dein Bestes. Nächstes Mal nehme ich dir etwas Leckeres zu essen mit. Was möchtest du gerne?“
„Naja, eigentlich möchte ich gerne ein Buch haben. Sagan’s ‚Hello Sadness‘, ich wollte das so gerne lesen.“

Ich ging in die Physiotherapieabteilung im Untergeschoss. Zwei Physiotherapeuten, Kawabata-Sensei und Imaeda-Sensei, machten einen Test mit mir. In diesem Moment redete ich nur Unsinn. Ich kann nicht glauben dass ich ihnen erzählte ich würde Japanisch und Englisch mögen und dass ich in diesen Fächern bestimmt sehr gute Noten bekommen werde. Ich sollte so etwas nie wieder sagen.. Deswegen werde ich mich nur noch schlechter fühlen.
Ich denke man braucht keine Noten um zu zeigen wie klug man wirklich ist.
Kawabashi-Sensei erzählte mir dass er in seiner Jugend ein Delinquent gewesen war. Ich denke das ist besser, denn es zeigt dass man gesund ist. Ich bin noch so jung und doch ist mein Körper in solch einem Zustand. Ich fühlte mich so schlecht dass Tränen über mein Gesicht liefen. Ich sollte nichts mehr sagen. Nachdem ich das schrieb, was ich schreiben wollte fühlte ich mich viel besser.
Der Grund warum ich so viel lernte ist, dass es das einzige ist was ich gut kann. Wenn du mir das Lernen auch noch nimmst ist alles was bleibt ein nutzloser Körper. Daran will ich nicht denken. Es ist traurig und grausam, aber das ist die Realität. Es wäre mir egal dumm zu sein solange ich einen gesunden Körper hätte.

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