Montag, 30. Mai 2011

17 Jahre alt - März

Alles Gute, Ako und Hiroki, zum Abschluss der Junior High School. Jetzt müsst ihr euch den High School Aufnahmeprüfungen entgegenstellen. Viel Glück!

Sich danach fühlen in die Felder zu gehen
um die ergiebigen Zinnkrautsprossen zu sammeln.

Der Frühlingsregen nieselt leise nieder.

Dieser Frühling bringt nur Einsamkeit.

Ich bin wirklich besorgt um meine Zukunft. Ich habe meinem Leben bereits den Rücken zugewandt ohne das es mir bewusst war. Was ist mit meinen Hoffnungen für die Zukunft passiert? Ich kann nicht länger ernsthaft darüber nachdenken, was ich in der Zukunft werden will. Lass gut sein. Die Wellen meines Schicksals haben mich weggespült. Ich weiß nicht einmal mehr, welche Tätigkeiten noch für mich übrig geblieben sind.
„Es wird ein nächstes Jahr geben“, sagte Okaasan.
„Ich habe nur ein Jahr“, dachte ich.
Ich weiß nicht mehr, wie ich die Lücke zwischen unserem Denken schließen soll.

Die Studenten, die jeden Tag vom Aoi Tori Gakuen Medical Welfare Center zur Schule kommen – und jene, die schon im Internat leben seit sie jung waren – sind anders als ich. Sie haben keine Bedenken und scheinen ihr Leben reibungslos zu leben.
„Wir machen uns nichts aus einer Schwindelei, aber sei wenigstens pünktlich!“
Weil ich immer langsam und spät dran bin, höre ich von R-Sensei und der Hausmutter dieselben Dinge. Aber nimm zum Beispiel das Saubermachen: Ich bin langsam, aber ich möchte immer noch ordentlich saubermachen. Ich kann da nicht schwindeln...

Die Hausmutter I ist sehr freundlich. Sie umgibt mich mit einer mutterähnlichen Liebe. Ich mag sie sehr gerne, weil ich mich in ihrer Nähe entspannt fühle. Sie sagt, sie kann nachts nicht gut schlafen, also denke ich darüber nach ihr ein Stofftier zu geben. Hausmutter Y ist diejenige, die mich immer antreibt und wiederholt, dass ich langsam bin. Aber sie beobachtete mich still an einem anderen Tag für etwa zehn Minuten, als ich den drei Meter breiten Flur im Wohnheim überquerte. Ihre Freundlichkeit unterscheidet sich in der Qualität.

Ich habe mitgehört, wie Okaasan mit einer der Hausmütter redete:
„Ich werde Aya mit mir nehmen, wenn ich sterbe.“
Ich wusste nicht, dass sie so weit voraus denkt. Ich merkte, dass es Mutterliebe war.

Ich vergaß den Knopf der Maschine (mein elektrischer Rollstuhl) zu drücken um ihn aufzuladen, so dass er aufhörte, eine Maschine zu sein. Ich hatte Schwierigkeiten. Ich drückte mich mit aller Kraft, die ich hatte, der Steigung entgegen. Ich spürte einen Schmerz in meiner unteren Rückengegend. Ich machte eine kurze Pause auf dem Verbindungsflur des zweiten Stockwerkes. Ich konnte sehen, dass sich etwas Kleines auf der Hangseite bewegte, wenn ich auf den Grund sah. Es war ein Welpe. Er sah einsam aus.
Gerade da kam ein Lehrer vorbei. „Ah, Hunde mögen auch nette Szenarien!“
Es traf mich, dass die Gefühle, die man gegenüber etwas empfand, das nicht sprach, variierten – je nachdem welche Person es in diesem Moment war oder wie die eigene Stimmung lag.

Was soll ich nach meinem Abschluss tun? In den vergangenen zwei Jahren ist meine Krankheit weitaus schlimmer geworden. Okaasan sagt, dass ich mich darauf konzentrieren soll, die Behandlung abzuschließen, in dem ich Dr. Yamamoto ausfrage. Es kommt nicht mehr drauf an, ob ich mich selbst motivieren kann oder nicht. Es ist auch nicht die Zeit, Aufmunterungen zu erwarten. Ich muss einfach weitermachen.
Ich legte meinen Fuß unter dem kohatsu beheizten Tisch und aß ein paar Snacks, die Ako mir da gelassen hatte. „Kopf hoch, Aya!“, hatte sie mir gesagt.

In letzter Zeit fühle ich mich etwas merkwürdig. Manchmal ist meine Sicht verschwommen und mein Gehirn fängt an zu wirbeln. Die Form meines rechten Fußes hat sich ebenfalls verändert. Das Gelenk meines großen Zehs ragt hervor und die anderen Zehen sind gewissermaßen flach. Ich fühle mich angewidert, wenn ich daran denke, dass das mein Fuß ist. Jetzt bin ich 149 Zentimeter groß und wiege 36 Kilogramm. Ich hoffe mein Fuß wird nicht die Kraft verlieren, meinen Körper zu unterstützen.
Hörst du mich, hässlicher Fuß?

„Mir geht es schlechter und ich kann nicht mehr laufen“, sagte ich zu Hausmutter G, als sie mir half meinen Rollstuhl aufzuladen, „Es gab eine Zeit, als meine Krankheit sanfter ausgeprägt war und ich laufen konnte. In diesem Stadium konnte ich auf andere im Wohnheim aufpassen. Aber ich kam her, nachdem ich ziemlich hilflos wurde und nun müssen andere Leute mir helfen. Das tut mir ehrlich leid...“
Gegen Ende war es schwierig die rechten Worte auszusprechen, weil ich nicht verhindern konnte zu weinen.

Okaasan weinte.
„Es war dein Schicksal krank zu sein und es war ebenso unser Schicksal als Eltern ein Kind wie dich zu haben. Aya, ich bin mir sicher dass du eine schwere Zeit hast aber wir haben eine noch viel schwierigere Zeit. Also werde gegenüber belanglosen Dingen nicht nachlässig. Du musst stark bleiben!“

Als ich zurück zum Wohnheim ging um meine Sachen zu wechseln und mich für die Sportstunde fertig zu machen, blieb etwas Schleim in meiner Kehle stecken. Ich würgte mich fast zu Tode. Ich kann keinen Druck vom Bauch her bekommen und ich habe auch nicht viel Lungenkraft, also konnte ich es nicht loswerden. Es war sehr schmerzhaft. Ich fühle definitiv, dass ich eines Tages wegen solch einer unbedeutenden kleinen Sache wie diese sterben werde.

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